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Zum Jahresüberblick 2004
26.03.2004
Der Bundestag marschiert voran:
Das Vorhaben der Bundesregierung, Kriegseinsätze in Zukunft so unkompliziert
wie möglich zu beschließen, ist am Donnerstag auf breite Zustimmung
im Parlament gestoßen. Die Abgeordneten haben gegen ihre geplante
Teilentmachtung keine Einwände.
Zur Debatte stand das sogenannte »Parlamentsbeteiligungsgesetz«,
das seit einigen Jahren anfangs noch unter dem weniger irreführenden
Namen »Entsendegesetz« diskutiert wird. Die Bundesregierung
ist unzufrieden damit, daß die bundesdeutsche Gesetzeslage noch
immer dem Grundgesetz entspricht und davon ausgeht, die Bundeswehr habe
im Ausland nichts zu suchen. Hier wird »Anpassungsbedarf«
gesehen. (...)
Das neue Gesetz soll es möglich machen, den Bundestag bei künftigen
Militäreinsätzen weiträumig zu umgehen. Dazu wird der Regierung
zunächst das Recht zugestanden, selbst zu definieren, ob die Entsendung
von Soldaten einem bewaffneten Unternehmen gleichkommt oder nur ein harmloser
Hilfseinsatz ist bei dem selbstredend Waffen zur »Selbstverteidigung«
mitgeführt werden können. In letzterem Fall muß sie den
Bundestag nicht mehr fragen. Wenn ein Einsatz »von geringer Bedeutung«
ist, soll ein »vereinfachtes Zustimmungsverfahren« greifen.
Das sieht so aus, daß der Bundestag nur mit der Angelegenheit befaßt
wird, wenn es mindestens fünf Prozent der Abgeordneten ausdrücklich
verlangen. Ansonsten gilt die Regel: Schweigen ist Zustimmung. Gernot
Erler nannte als Beispiele für derlei Einsätze die Entsendung
einer »geringen« Zahl von Soldaten, der Grünen-Militärpolitiker
Winfried Nachtwei nannte die Abordnung »einzelner Soldaten mit Spezialfunktionen«
etwa in die Stäbe der NATO oder in andere Organisationen.
Quelle: Junge
Welt
24.03.2004
Ein Thema, das seit Jahren
auf der Agenda der deutschen Militärpolitik steht, soll alsbald zum
Abschluß gebracht werden: Am Donnerstag verhandelt der Bundestag
in erster Lesung über das sogenannte »Parlamentsbeteiligungsgesetz«.
Mit dessen Hilfe soll die Bundeswehr unkomplizierter und schneller in
Kriege geschickt werden können.
Bedarf an diesem Gesetz haben bis auf die PDS sämtliche
Parteien im Bundestag angemeldet. Am Donnerstag wird neben dem Regierungsantrag
auch ein ähnliches Begehren der FDP diskutiert. Die Unterschiede
sind nur im Detail zu finden.
Einigkeit besteht darin, daß der Bundestag nicht mehr über
jeden Bundeswehreinsatz abstimmen soll. Wenn nicht zu erwarten ist, daß
die Soldaten auf bewaffneten Widerstand stoßen, soll die Regierung
freie Hand haben. Damit sollen angeblich Hilfseinsätze bei Naturkatastrophen
rascher organisiert werden können. Der Wortlaut des Regierungsantrages
läßt aber weitere Interpretationen zu: Wenn die Regierung sagt,
der Bundeswehreinsatz sei kein bewaffneter, sondern eine Hilfsaktion,
kann sie die Soldaten auf eigene Faust losschicken.
Nun hat der deutsche Imperialismus seit 1990 unermüdlich gelehrt,
daß jede Bundeswehrgranate ein Beitrag für die Menschenrechte
sei. Daß die helfenden Soldaten zum Zweck der Selbstverteidigung
bewaffnet sein dürfen, versteht sich daher von selbst.
Quelle: Junge
Welt
22.03.2004
Ein Jahr nach dem Beginn des
Krieges gegen den Irak gingen am Sonnabend weltweit Hunderttausende Demonstranten
auf die Straße, um den Abzug der Besatzungstruppen aus dem nahöstlichen
Land zu fordern. Die größte Kundgebung fand in Rom statt, wo
mehr als 500000 Menschen teilnahmen. Zu Massenkundgebungen kam es auch
in Barcelona, London, New York und San Francisco. In Bagdad protestierten
Sunniten und Schiiten in zwei sich vereinigenden Demonstrationszügen
gegen die Gewalt der Besatzer. Angeprangert wurden vor allem die Lügen,
mit denen US-Präsident George W. Bush und der britische Premierminister
Tony Blair den Krieg begonnen hatten. Vielfach wurde von den Demonstranten
die Ankündigung der neuen spanischen Regierung gefeiert, ihre Truppen
aus dem Irak abzuziehen.
Zu den ersten Kundgebungen versammelten sich am Sonnabend morgen Tausende
Demonstranten in Neuseeland und Australien. In der Hauptstadt der Philippinen
Manila hinderte Polizei mehr als tausend Demonstranten mit Gewalt daran,
vor die US-Botschaft zu ziehen. In Tokio und anderen Städten Japans
wandten sich insgesamt 120000 Menschen gegen die Entsendung eines japanischen
Truppenkontingents in den Irak. Demonstrationen fanden auch in Südkorea,
Hongkong und Thailand statt.
In Deutschland beteiligten sich einige tausend Menschen an Demonstrationen,
Kundgebungen und Mahnwachen. Vor 3000 Zuhörern am US-Luftwaffenstützpunkt
Ramstein in Rheinland-Pfalz erklärte der frühere SPD-Vorsitzende
Oskar Lafontaine, der Irak-Krieg habe viele Staaten erst darin bestärkt,
sich Massenvernichtungswaffen anzuschaffen, um sich gegen US-Angriffskriege
zu wappnen. Solange die USA Dörfer in Afghanistan oder dem Irak bombardierten,
werde »neuer Terror geboren«. In Berlin zogen etwa 2000 Kriegsgegner
unter dem Motto »Gegen Krieg und Besatzung für Frieden
und soziale Gerechtigkeit« durch die Innenstadt.
Quelle: Junge
Welt
22.03.2004
Am ersten Jahrestag der Irak-Invasion
haben hunderttausende Menschen weltweit gegen den Krieg und für den
Abzug der Besatzungstruppen demonstriert. Besonders groß waren die
Protestmärsche in den Ländern, die zusammen mit den USA Truppen
in Irak stationiert haben. Die weltweit größte Demonstration
fand in Rom statt. Dort zogen nach Angaben der italienischen Polizei mehrere
hunderttausend Menschen durch die Innenstadt zum Circus Maximus.
Die Demonstration in Madrid stand unter dem Eindruck der vermutlich von
Moslem-Extremisten verübten Anschläge in der spanischen Hauptstadt.
Die abgewählte konservative Regierung war einer der wichtigsten Verbündeten
der USA in Irak. "Ich will beide, die Regierung und die Terroristen,
daran erinnern, dass die spanische Gesellschaft ,Nein zu dem Krieg' gesagt
hat", sagte die Filmproduzentin Lila Pla Alemany in Barcelona.
"Kein Krieg, keine Lügen", war das Motto der Proteste in
London. Die Gegner des Irak-Krieges werfen US-Präsident George W.
Bush und dem britischen Premierminister Tony Blair vor, die Öffentlichkeit
vor Kriegsbeginn getäuscht zu haben. In London umgingen zwei Demonstranten
die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Parlament, erklommen das Wahrzeichen
Big Ben und entrollten ein Transparent mit der Aufschrift "Zeit für
die Wahrheit". Sie wurden verhaftet. "Das ist eine große
Blamage", sagte der Kabinettsminister und Labour- Fraktionschef,
Peter Hain, am Sonntag. "Ich bin sehr verstört. Was, wenn das
Selbstmordattentäter gewesen wären?"
Quelle: Frankfurter
Rundschau
22.03.2004
Dies ist schlimmer als
ein Verbrechen, es ist ein Akt von Dummheit! kommentiert der Aktivist
Uri Avnery von Gush Shalom. Das ist der Beginn eines neuen Kapitels des
israelisch-palästinensischen Konfliktes. Er bringt den Konflikt von
der Ebene eines lösbaren nationalen Konfliktes auf die Ebene eines
religiösen Konfliktes, der allein auf Grund seiner Natur unlösbar
wird.
Das Schicksal des
Staates Israel liegt jetzt in den Händen einer Gruppe von Leuten,
deren Weltanschauung primitiv und deren Wahrnehmungsvermögen zurückgeblieben
ist. Sie sind unfähig, die psychischen, emotionalen und politischen
Dimensionen dieses Konfliktes zu verstehen. Dies ist eine Gruppe bankrotter,
politischer und militärischer Führer, die in allen ihren Handlungen
versagten. Sie versuchen nun, ihre Misserfolge durch eine katastrophale
Eskalation zuzudecken.
Dieser Akt wird
nicht nur die persönliche Sicherheit eines jeden Israeli hier im
Land und rund um die Welt gefährden, sondern auch die existentielle
Sicherheit des Staates Israel. Er hat die Chancen, den israelisch-palästinensischen,
den israelisch-arabischen und israelisch-muslimischen Konflikt zu beenden,
schwer beschädigt.
Avnery erwähnt noch,
dass in den frühen Achzigern die Besatzungsbehörden die Gründer
von Hamas unterstützt haben, in der Hoffnung, dass sie so ein Gegengewicht
zu Yasser Arafat und der PLO schaffen würden. Selbst nach Beginn
der ersten Intifada begünstigte die Armee und die Sicherheitsdienste
die Hamas. Scheich Yassin wurde erst ein Jahr nach Ausbruch der Intifada
verhaftet. Für die Dummheit unserer politischen und militärischen
Führer gibt es anscheinend keine Grenzen. Sie gefährden die
Zukunft des Staates Israel.
Quelle: ZNet
Deutschland
19.03.2004
Vor fünf Jahren war die
serbische Provinz "Kosovo und Metohien" ein Top-Thema für
viele westliche Politiker und Militärs. Über den Krieg der NATO
gegen Jugoslawien wurde im März 1999 entschieden. Als es vorbei schien
und NATO und UN die Kontrolle übernahmen, versprachen sie ein multiethnisches
Zusammenleben. Oder sie hofften es wenigstens. Ein Leben ohne Gewalt,
ohne Krieg, ohne ethnische Konflikte. Ein friedliches Nebeneinander in
der mehrheitlich von Albanern bewohnten Provinz. Die Probleme schienen
schwierig, aber erst einmal lösbar zu sein und das Thema verschwand
wieder von der medialen Tagesordnung.
Doch der Frieden im Kosovo war ein herbei gebombter Frieden. Und er war
scheinheilig, wurden doch Terroristen und in Kriegsverbrechen verstrickte
Militärs zu hofierten politischen Größen. Die Vertreibung
von Serben und anderen Minderheiten wurde ebenso hingenommen wie die Schaffung
von aufwändig bewachten ethnischen Gettos, die nötig wurden,
um Übergriffe zu vermeiden.
Die Ereignisse, die nun seit dem 17. März 2004 das Kosovo bestimmen,
zeigen dass auch die internationale Präsenz weder die viel beschworenen
Standards erreicht, noch die Klärung der Statusfrage in Sicht ist.
Mindestens 31 Tote, 500 Verletzte, darunter 96 Polizei- und KFOR-Kräfte
und 14 zerstörte serbisch-orthodoxe Kirchen oder Klöster und
angezündete Wohnhäuser in Orten mit serbischer Bevölkerung
offenbaren, dass UN und NATO nicht Herr über die ethnischen, wirtschaftlichen
und soziale Probleme der Provinz sind.
Quelle: Telepolis
17.03.2004
Die Ankündigung des neuen,
designierten spanischen Regierungschef José Luis Rodriguez Zapatero,
im Sommer die spanischen Truppen aus dem Irak abzuziehen, könnte
in Bälde auch für die Bundeswehr in Afghanistan Beispiel gebend
sein Auch sie könnte sehr rasch der Ruf: "Kommt nach Hause,
Jungs!" ereilen, vor allem, wenn sie oder Deutschland Opfer und Schauplatz
eines vergleichbaren Anschlags wie dem in Madrid werden würden. Der
deutsche Michel könnte sich bestärkt fühlen zu fragen,
was seine Soldaten - fernab der Heimat und in unwirtlichem Gelände
- eigentlich am Hindukusch unter Opiumschmugglern und Warlords zu suchen
haben.
Quelle: Telepolis
16.03.2004
Mit seinem Wahlsieg hatte der
oppositionelle Spitzenkandidat José Luis Rodríguez Zapatero
wohl selbst nicht gerechnet. Mit einem deutlichen Zuwachs von 39 Sitzen
zieht die Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens (PSOE) in das am Sonntag
neugewählte spanische Parlament ein. Die Sozialisten verfügen
damit über 164 der 350 Parlamentssitze. Die bisher regierende konservative
Volkspartei (PP) verlor 35 Mandate und wird nur noch 148 Vertreter stellen.
Die übrigen Sitze entfallen auf die Vereinigte Linke, die Regionalparteien
aus dem Baskenland und Katalonien und kleinere Parteien. (...)
Etwas ungläubig stellte sich der künftige Ministerpräsident
Spaniens in der Nacht zum Montag seinen Anhängern in Madrid. Noch
in der letzten Woche waren annähernd alle Wahlvorhersagen von einem
Sieg der regierenden konservativen Volkspartei (PP) ausgegangen. Doch
die verspielte ihren Vorsprung nach den Terroranschlägen am vergangenen
Donnerstag in Madrid in kürzester Zeit. Anfang der Woche mehren sich
nun die Hinweise, daß führende Regierungspolitiker die Spur
vorsätzlich auf die baskische Separatistenorganisation ETA lenkten,
um aus dem Terror Profit zu schlagen. Daß die Rechnung nicht aufging,
ist eine direkte Folge der zunehmend antidemokratischen Politik der Regierung
unter dem Rechtskonservativen José Maria Aznar. Sie hatte 1 300
spanische Soldaten an die Seite der US-Besatzer nach Irak geschickt und
sich damit gegen den Willen von über 90 Prozent der eigenen Bevölkerung
gestellt. Nach den Anschlägen in Madrid, die offenbar eine Vergeltungsaktion
gegen diese Kriegsbeteiligung waren, flammte der Zorn gegen die Verantwortlichen
erneut auf.
Quelle: Junge
Welt
12.03.2004
WEIL der Terrorismus sich gegen
wehrlose Zivilisten richtet, ist diese Art des Kampfes besonders abscheulich,
und kein noch so berechtigtes Anliegen kann das legitimieren. Die Anschläge
vom 11. September 2001 und die jüngsten Attentate in Casablanca,
Riad, Istanbul, Moskau, Haifa und Jerusalem können nur Abscheu erregen
- ebenso wie der als Gegenmaßnahme inszenierte "Staatsterrorismus"
mancher Regierungen:
Unter dem Eindruck der Anschläge des 11. September beeilten sich
zahlreiche Länder, neue Gesetze zu verabschieden, die bestimmte Organisationen
verbieten, die bürgerlichen Freiheitsrechte einschränken und
den Schutz vor Grundrechtsverletzungen aufweichen, wie amnesty international
schon in seinem Jahresbericht 2002 beklagte.(...)
Die westlichen Demokratien, die seit je den wirtschaftlichen, sozialen
und kulturellen Rechten nicht allzu viel Bedeutung beimessen, haben sich
bislang vor allem um die Verteidigung der politischen Rechte gesorgt.
Werden sie nun im Zuge ihres Antiterrorwahns auch noch dieses Grunderfordernis
aufgeben? Wenn der Ausnahmezustand zur Normalität erklärt und
die Polizei als Zentralfigur des Systems installiert wird, drängt
sich die Frage auf, ob die westlichen Demokratien im Begriff sind, vor
unser aller Augen Selbstmord zu begehen.
Quelle: Le
Monde diplomatique
12.03.2004
Wer auch immer den Anschlag
in Madrid ausgeführt haben mag, so hat er gezeigt, dass seit der
Ausrufung des "Kriegs gegen den internationalen Terrorismus"
die Welt keineswegs sicherer geworden ist. Die spanische Regierung hatte
sofort versucht, kurz vor den Wahlen die Anschläge für sich
auszubeuten und die ETA als verantwortlich zu bezeichnen, da ein Anschlag
von Islamisten ihre Antiterrorpolitik und ihren Schulterschluss mit der
Bush-Regierung noch stärker desavouieren würde. Dann aber musste
zumindest eingeräumt werden, dass auch Islamisten die Täter
sein könnten. Zwar ist in den USA kein neuer Anschlag mehr geschehen,
doch an vielen Orten der Welt haben sich Konflikte des seit dem 11.9.
aufgeheizten asymmetrischen Kriegs abgespielt. Man könnte sie als
Neuauflage der Stellvertreterkriege bezeichnen, nur dass die kriegführenden
Staaten es nun mit einer Hydra zu tun haben: Wenn ihr ein paar Köpfe
abgeschlagen werden, wachsen an anderer Stelle neue nach.
Quelle: Telepolis
12.03.2004
Die Organisation Ärzte
für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) fordert den Abzug
aller US-Atomwaffen aus Deutschland. Insgesamt lagerten in Ramstein und
in Büchel in der Eifel 65 Kernsprengköpfe mit der Sprengkraft
von 150 Hiroshima-Bomben, sagte IPPNW-Sprecher Jens-Peter Steffen sagte
der "Berliner Zeitung". Mit einer Protestaktion unter Beteiligung
prominenter Unterstützer wie Sir Peter Ustinov, Senta Berger oder
Manfred Krug wolle man am 20. März in Ramstein der Forderung an die
Bundesregierung Nachdruck verleihen. Zudem solle auf die Gefahren der
amerikanischen "Vorreiterrolle" bei der Entwicklung neuer Atomwaffen
und von Szenarien für deren Einsatz hingewiesen werden.
Quelle: ngo-online
12.03.2004
Die Bundesregierung hat im
Jahr 2002 Rüstungsexporte im Wert von 3,3 Milliarden Euro genehmigt,
wie aus dem Rüstungsexportbericht 2002 hervorgeht. Das sind zwölf
Prozent weniger als im Jahr zuvor. Dennoch kritisierte ein breites Bündnis
von Menschenrechts- Enwicklungshilfe- und Friedensorganisationen die Bundesregierung
massiv. Lieferungen an problematische Staaten seien weiterhin an der Tagesordnung.
Eine tatsächlich konsequente Berücksichtigung von Menschenrechten,
Gewaltprävention und nachhaltiger Entwicklung als Kriterien für
die Exportentscheidungen sei weiterhin nicht nachvollziehbar. Zudem seien
die aufgeführten Daten unvollständig.
Quelle: ngo-online
12.03.2004
Die USA drängen ihre europäischen
Bündnispartner auf eine Ausweitung der Militärpräsenz in
Afghanistan. US-General und NATO-Oberbefehlshaber James Jones mahnte am
Mittwoch zögerliche Verbündete, endlich mehr Truppen und Ausrüstung
zur Verfügung zu stellen. Politisch flankiert wurde die neuerliche
Aufrüstungsorder von einem Hilfsersuchen des afghanischen Präsidenten
Hamid Karsai, der die NATO am selben Tag formell um Unterstützung
bei den für Ende Juni geplanten Parlamentswahlen bat. Gestern schließlich
beriet im belgischen Mons die Militärspitze der Allianz mit Vertretern
der Mitgliedstaaten eine Verstärkung des NATO-Einsatzes in Afghanistan.
Die NATO hat das Kommando der sogenannten Afghanistan-Schutztruppe (ISAF)
in der Hauptstadt Kabul im vorigen August übernommen. Das westliche
Militärbündnis hat derzeit rund 6 500 Soldaten in Afghanistan
stationiert, gut 2 000 davon kommen aus Deutschland. Außerhalb Kabuls
untersteht derzeit nur der Bundeswehr-Einsatz im nordafghanischen Kundus
mit rund 250 ISAF-Soldaten dem NATO-Kommando. Wesentliches Ergebnis der
dortigen Bundeswehrpräsenz ist der wieder reibungslos funktionierende
Drogenanbau in der Provinz.
Quelle: Junge
Welt
08.03.2004
Die Organisation Human Rights
Watch wirft den US-Streitkräften in Afghanistan schwere Verletzungen
der Menschenrechte vor. Es gebe glaubwürdige und übereinstimmende
Beschuldigungen, dass Gefangene geschlagen, mit Ketten gefesselt oder
mit Schlafentzug gequält würden.
Die Menschenrechtsorganisation warf US-Truppen vor, bei Razzien zur Festnahme
von Verdächtigen Körperverletzung oder den Tod von Unbeteiligten
in Kauf zu nehmen. Als Beispiel wurde die Erschießung eines Bauern
bei der Verhaftung eines anderen Mannes und seiner beiden Söhne genannt,
die alle drei später wieder freigelassen wurden. Kritisiert wurden
auch Militäraktionen im Dezember vergangenen Jahres, bei denen in
den Provinzen Paktia und Ghasni 15 Kinder getötet wurden.
Die US-Streitkräfte wiesen den Bericht zurück und erklärten,
die Verfasser hätten die besondere Lage in dem von Konflikten erschütterten
Land nicht berücksichtigt. Zum Tod von Unbeteiligten bei Militäraktionen
sagte der amerikanische Oberstleutnant Bryan Hilferty: "Wir sind
nicht vollkommen. Aber wir bemühen uns intensiv um Besserung."
Quelle: Spiegel-Online
05.03.2004
Die Staatsanwaltschaft hat
das Verfahren gegen drei Aktivisten eingestellt, die während der
Rede von Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) zum Bundeswehrgelöbnis
auf dem Hamburger Rathausmarkt ein Transparent mit der Aufschrift "Tucholsky
hat Recht" vom Dach der Alsterarkaden gehängt hatten. Begründung:
Es liege keine Straftat vor. Das teilte das Bündnis GelöbnixHH!
am Freitag mit. Das Landeskriminalamt (LKA) und die Staatsanwaltschaft
hatten wegen "Hausfriedensbruch" (§123 Strafgesetzbuch)
sowie "Durchführung einer Versammlung ohne Anmeldung" (§26
II Versammlungsgesetz) ermittelt. Die Aktion war am Ort des Geschehens
der augenfälligste Ausdruck des Protestes gegen das Gelöbnis:
Das rund vier mal zehn Meter große Transparent war etwa fünf
Minuten vom gesamten Rathausmarkt deutlich zu sehen und veranlasste Struck
dazu, von seinem Redetext abzuweichen.
Quelle: ngo-online
04.03.2004
"Die Menschheit befindet
sich auf einem gefährlichen Weg: Bis an die Grenze belastete Ökosysteme,
extreme Machtungleichgewichte, immer größere Unterschiede zwischen
Arm und Reich, ein rasant wachsendes Wachstum der Weltbevölkerung,
Hass und Terror", so Prof. Dr. Dr. Radermacher, Mitgründer der
weltweiten Global Marshall Plan Initiative und Mitglied des Club of Rome
zu den aktuell veröffentlichten Pentagon-Szenarien. Sie lassen befürchten,
dass sich die USA, die nicht dem Kyoto-Vertrag beigetreten sind und eine
erhebliche Ausweitung ihres Öl- und Gasverbrauchs bis zum Jahr 2020
planen, angesichts von Flutkatastrophen, Hungersnöte und Kriege um
die Ressourcen als Festung einmauern werde, um die Flut der Notleidenden
abzuwehren.
Quelle: ngo-online
02.03.2004
Sage keiner, die UNO wäre
ein schwerfälliges Entscheidungsorgan. Haitis Präsident Jean-Bertrand
Aristide hatte am Sonntag gerade erst sein Land verlassen, da autorisierte
der UN-Sicherheitsrat am gleichen Abend die Entsendung einer internationalen
Friedenstruppe in den Karibikstaat. Die außerordentliche Sicherheitsratssitzung
- an einem Sonntagabend - dauerte laut Protokoll drei Minuten. Die einstimmig
angenommene Resolution 1529 sprach vom "Rücktritt von Jean-Bertrand
Aristide als Präsident von Haiti", obwohl von diesem zu diesem
Zeitpunkt keine Rücktrittserklärung vorlag.
So schnell wird ein Putsch rechtens, wenn die internationale Gemeinschaft
es will. Die Sicherheitsratsresolution 1529 wurde sicherlich nicht erst
am Sonntag geschrieben, und die in Haiti eingreifenden US-Amerikaner und
Franzosen wurden sicherlich nicht erst nach ihrer Verabschiedung in Marsch
gesetzt. Erst am Donnerstag hatten die USA und Frankreich vor dem Sicherheitsrat
ein militärisches Eingreifen in Haiti öffentlich abgelehnt und
forderten eine vorherige politische Lösung. Gleichzeitig setzten
sie ihre eigene Militärintervention in Gang, die sie am Sonntag schnell
absegnen ließen. Die von ihnen geforderte "politische Vereinbarung"
bestand offenbar allein im Abgang des haitianischen Präsidenten.
Der fügte sich in sein Schicksal.
Quelle: taz
02.03.2004
Der neueste Bericht der UNMOVIC-Waffeninspekteure
an den Sicherheitsrat kritisiert die US-Regierung, ihre Arbeit zu behindern,
deren Qualität aber durch die vergebliche Suche der US-Waffeninspekteure
bestätigt wurde
Die Bush-Regierung hatte schon gleich zu Beginn der wieder aufgenommenen
UN-Inspektionen im Irak vor dem Krieg kritisiert, dass die Inspektoren
nicht entschlossen genug vorgingen und das Hussein-Regime zudem Meister
in der Täuschung sei. Der UN wurde Unfähigkeit vorgeworfen,
präsentiert wurden im Widerspruch zu den Berichten der UN-Inspektoren
die bekannten zurechtgezimmerten "Fakten" der eigenen Geheimdienste,
die beweisen sollten, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitzt,
und den Grund dafür lieferten, die UN-Waffeninspektionen zu beenden
und den Krieg zu beginnen.
Mit großem Aufwand ließen angeblich die Besatzermächte
mit eigenen Teams den Irak nach Massenvernichtungswaffen oder zumindest
nach Anzeichen für die Existenz von entsprechenden Programmen absuchen.
Immer einmal wieder kam es dabei zu Funden, die sich nachträglich
als Fehldeutungen erwiesen. Schließlich ist im Januar der US-Chefwaffeninspekteur
David Kay nach monatelanger Suche nicht nur zurückgetreten, sondern
hat auch gesagt, dass der Irak bei Kriegsbeginn keine Massenvernichtungswaffen
hatte und vermutlich auch seit Beginn der 90er Jahre keine größeren
Waffenprogramme verfolgt hatte
Quelle: Telepolis
01.03.2004
Überall auf den Marshallinseln
werden an diesem Morgen die Kirchenglocken läuten und an die Folgen
der vor 50 Jahren auf dem Bikini-Atoll gezündeten Wasserstoffbombe
"Bravo" erinnern. Es war die größte je von den USA
initiierte oberirdische Nuklearexplosion - 1.000-fach stärker als
die Hiroshima-Bombe. Gäste aus Japan, den USA und dem Pazifik werden
heute gemeinsam mit lokalen Strahlenopfern der Folgen des Atomtests gedenken.
Die "Bravo"-Bombe, die zweieinhalbmal stärker als vorausberechnet
war, riss einen 76 Meter tiefen Krater mit zwei Kilometern Durchmesser
in die Atollinsel Nam. Millionen Tonnen von Gestein, Korallen und Sand
wurden bis zu 30 Kilometer hoch geschleudert und regneten Stunden später
als radioaktive Asche auf die Bewohner östlich gelegener Atolle,
auf 25 Mitarbeiter einer US-Wetterstation und einen japanischen Fischkutter
nieder.
Auf den betroffenen Inseln spielten Kinder in dem Pulver, schmierten es
sich auf Arme und Beine. Sie hielten es für Schnee, von dem die Missionare
erzählt hatten. Dann begann die Haut zu jucken, bildeten sich Blasen,
und es schmerzte fürchterlich. Der Kutter brachte seine verseuchte
Fracht nach Japan und löste dort Panik aus.
Die Wetterstation hatte rechtzeitig gewarnt, dass der Wind gedreht hatte.
Dennoch wurde die Bombe gezündet. "Bravo" wurde so auch
zum Verstrahlungstest - vorsätzlich, wie inzwischen freigegebene
Akten nahe legen.
Quelle: taz
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