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aktualisiert am:
12.11.2009
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Rede
bei der Kundgebung gegen einen Krieg im Irak am 01.03.2003 auf dem Moritzplatz
Elli Frana-Feiniger und Klaus Stampfer,
Augsburger Friedensinitiative (AFI)
Augsburger
Bürgerinnen und Bürger,
Kolleginnen und Kollegen,
Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
wir stehen heute hier, weil
wir für eine friedliche Lösung der Irak-Krise eintreten. Wir
stehen hier, weil wir alle politischen Kräfte stärken wollen,
die ebenfalls sich für eine friedliche Lösung einsetzen. Die
übergroße Mehrheit unserer Bevölkerung ist gegen einen
Krieg und es gibt viele Menschen, die dafür auf die Straße
gehen. Besonders ermutigend ist, dass sich darunter eine große Zahl
von Schülerinnen und Schülern befindet, die ihre Stimme gegen
den Krieg erheben. Zusammen mit Millionen anderen Menschen wollen wir
den Regierungen in den USA und in Großbritannien deutlich machen,
dass sie gegen den Willen der Mehrheit der Menschheit und bestimmt nicht
in unserem Namen handeln.
Wir sagen ein entschiedenes JA zu einer friedlichen Lösung und deswegen
stehen wir heute hier.
Die Regierungen in USA und England wollen den Krieg gegen den Irak unter
allen Umständen. Diesen kriegstreibenden Regierungen ist jedes Mittel
recht und keine noch so dreiste Behauptung zu billig, um den Krieg zu
rechtfertigen. Die behaupteten Massenvernichtungswaffen im Irak sind nicht
gefunden worden. Die von US-Außenminister Powel vorgelegten Beweise
sind wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen und Tony Blair war sogar
so dreist, einen 12 Jahre alten Aufsatz eines Studenten zum Nachweis für
jetzt vorhandene Massenvernichtungswaffen im Irak vorzulegen.
Nehmen wir die Charta der Vereinten Nationen und unser Grundgesetz auch
nur im Ansatz ernst, so muss den UN-Waffeninspekteuren die Zeit gegeben
werden, die sie brauchen. Und sollten doch noch Waffen im Irak gefunden
werden, dann müssen diese unter UN-Aufsicht vernichtet werden. Massenvernichtungswaffen
sind von der UNO geächtet. Das trifft auf alle atomaren, biologischen
und chemischen Waffen zu, auch die bei den Atommächten gelagerten.
Die Abrüstung der Massenvernichtungswaffen hat überall zu erfolgen,
nicht nur im Irak
Wir sagen entschieden JA zur Fortsetzung der Arbeit der UN-Inspekteure
und ein entschiedenes JA zur Abrüstung weltweit.
Noch bevor UN-Waffeninspektor Blix seinen Zwischenbericht über die
Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak vorgelegt hatte, trafen sich
Vertreter der US-amerikanischen und britischen Erdölindustrie, um
bereits die Aufteilung der irakischen Erdölfelder zu besprechen.
Öl ist der Treibstoff der Weltwirtschaft. Die Neuordnung der arabischen
Ölstaaten und der Zugriff auf die reichhaltigen irakischen Erdölfelder
sind das zentrale Motiv für den drohenden Golfkrieg. Die Tatsache
verwundert nicht, wenn man weiß, dass die Ölvorkommen in den
USA stetig zurückgehen und der US-Regierung zahlreiche Politiker
angehören, die früher für die Erdölindustrie gearbeitet
haben. So war George W. Bush von 1978 bis 1984 und von 1986 bis 1990 Manager
von zwei Ölfirmen. "Ja, es geht ums Öl", kommentierte
der New York Times-Kolumnist Thomas Friedman offen und ehrlich.
Wir sagen entschieden NEIN zu einem Krieg für Öl!
Schon im zweiten Golfkrieg hatte hauptsächlich die Zivilbevölkerung
gelitten, rund 100 000 Iraker kamen bei den Militärangriffen ums
Leben. Das Embargo gegen den Irak hat in den vergangenen Jahren bittere
Not und Hunger unter der Zivilbevölkerung ausgelöst, Hunderttausende
Kinder sind bereits gestorben. Jedes achte irakische Kind stirbt, bevor
es das fünfte Lebensjahr erreicht. Rund 960.000 Kinder, dass sind
32 %, sind chronisch unterernährt. Der Irak hat weltweit eine der
höchsten Kinderkrebsraten. Irakische Ärzte machen dafür
die im letzten Golfkrieg eingesetzten Geschosse mit 300 Tonnen abgereichertem
Uran verantwortlich. In Basra, einer Stadt im Süden des Landes, in
der während des zweiten Golfkrieges besonders viel Uranmuniton abgeschossen
wurde, sind 3 % der neugeborenen Kinder schwerst missgebildet. Bei einem
Irak-Krieg fürchtet Amnesty International eine humanitäre Katastrophe.
Die Zahl der zu erwarteten "Kollateralschäden", so werden
die getöteten Menschen in der an Zynismus nicht zu überbietenden
Militärsprache genannt, die Zahl der "Kollateralschäden"
wird von der Ärzteorganisation IPPNW auf Hunderttausende Tote geschätzt,
die bei der Schlacht um Bagdad fallen werden.
Wir fordern die sofortige Beendigung des Embargos und wir sagen entschieden
NEIN zu einem Angriffskrieg gegen die Zivilbevölkerung, gegen unschuldige
Frauen, Männer und ihre Kinder im Irak!
Soll der Krieg gegen den Irak tatsächlich dem Kampf gegen den Terror
dienen, so ist er das falscheste aller möglichen Mittel. Wer Krieg
gegen den Irak führt, gießt Öl ins Feuer des internationalen
Terrorismus. Mit den Opfern erwachsen neue Märtyrer, wird neuer Hass
gesät, werden neue Terroristen geschaffen. Aus dem Krieg gegen den
Irak droht ein Flächenbrand zu werden, der sich nicht löschen
lassen wird. Wer dem international wachsenden Terrorismus den Boden entziehen
will, muss den Hunger und die Armut bekämpfen, muss Schulen, Krankenhäuser
und Altenpflegeheime bauen. Erst eine gerechte Weltwirtschaftsordnung,
die bislang von den Regierungen der reichen Staaten und Multis mit Erfolg
verhindert wird, würde den Wandel zum Positiven bringen. Allein die
auf 100 Milliarden US-Dollar veranschlagten Kriegskosten wären als
Entwicklungshilfegelder eine entscheidende Investition in den Frieden!
Wir sagen entschieden JA zu einem menschenwürdigen Leben für
alle Menschen in allen Ländern und zu einer gerechten Weltwirtschaftsordnung!
Früh und scheinbar erfreulich deutlich hatte sich die Rot-Grüne
Bundesregierung festgelegt: "Unter meiner Führung wird sich
Deutschland an einer militärischen Intervention nicht beteiligen",
so Gerhard Schröder. An den bisherigen Demonstrationen beteiligten
sich auch Mitglieder der SPD und der GRÜNEN. Ich würde mich
freuen, wenn sie den Bundeskanzler und den Bundesaußenminister auffordern
würden, zu ihrem Wort zu stehen. Denn entgegen der allgemeinen Friedensrhetorik
- klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander.
Die Bundesregierung unterstützt die Kriegsvorbereitungen:
- durch den reibungslosen
Transit der US- und NATO-Truppen
- durch die Teilnahme von
Bundeswehrsoldaten an AWACS-Überwachungsflügen
- durch die ungehinderte Nutzung
der amerikanischen Militäreinrichtungen auf deutschem Territorium,
die sogar von Bundeswehrsoldaten geschützt werden
- durch das European Command
(EUCOM) in Stuttgart-Vaihingen, eine der wichtigsten US-Kommandozentralen
für Einsätze gegen den Irak
- durch deutsche Soldaten
mit ABC-Spürpanzern vom Typ Fuchs in Kuwait
- und durch die Lieferung
von Patriot-Raketen in die Türkei
Türkische Soldaten sollen
zusammen mit US-Soldaten an dem Kriegseinsatz beteiligt werden. Damit
soll nach offiziellen Meldungen auch der Aufbau eines kurdischen Staates
im Nord-Irak verhindert und die PKK bekämpft werden.
Wir sagen entschieden NEIN zu einem Angriffskrieg mit direkter oder indirekter
deutscher Beteiligung!
Der Krieg gegen den Irak steht in einer unfriedlichen Entwicklung, die
mit den Angriffskriegen gegen Jugoslawien und Afghanistan seinen Anfang
genommen hat, die aber auch mit einem möglichen Irak-Krieg noch lange
nicht zu Ende ist. Georg W. Bush hat mit seiner "Achse des Bösen"
schon die nächsten Angriffsziele ausgemacht. Wenn diese Entwicklung
so weiter geht, wird die Menschheit wieder ins 19. Jahrhundert zurückfallen,
dann wird wieder das Faustrecht des Stärkeren die Beziehung zwischen
den Staaten beherrschen. Jede hochgerüstete Regierung wird sich das
Recht nehmen und ihre Interessen mit Gewalt durchsetzen. Statt einer gerechten
Weltwirtschaftsordnung wird Gewalt und Gegengewalt, wird Hass und Feindschaft
die Welt beherrschen. Diese Entwicklung können und wollen wir nicht
zulassen. Wir stehen hier, weil wir gegen einen Krieg im Irak sind. Wir
stehen aber auch hier, weil wir diese kriegerische Entwicklung stoppen
wollen und müssen.
Wir sagen ein entschiedenes JA zur Stärkung der Vereinten Nationen
und zur Stärkung des internationalen Rechts.
Um es deutlich zu sagen: Wir hegen keinen Anti-Amerikanismus. Ganz im
Gegenteil: Wir unterstützen Millionen von Friedensfreundinnen und
Friedensfreunden in den USA. Inzwischen haben die kommunalen Parlamente
von 107 Städten, Landkreisen und zweier Bundesstaaten in den USA
Resolutionen verabschiedet, in denen sie Stellung gegen den Irak-Krieg
beziehen. George W. Bush und die US-Regierung aber betrachten Krieg als
ein Mittel der Politik. Gemäß der neuen Kriegsstrategie wollen
die USA vier Kriege gleichzeitig führen können. Wir dagegen
wenden uns gegen jeden Krieg. Krieg darf nie die Ultima Ratio - nie das
letzte Mittel sein - sein. Denn Krieg ist kein Mittel gegen Terror - Krieg
ist Terror!
Deshalb fordern wir im Schulterschluss mit der internationalen Friedensbewegung,
darunter vielen Gruppen in den USA, in Großbritannien, Spanien,
Italien und anderen Ländern, in denen die Mehrzahl der Menschen gegen
den Einsatz militärischer Mittel ist:
Nein zum Angriffskrieg gegen
den Irak!
Nein zu jeder Art von Krieg
und Terror!
Ja zu zivilen Konfliktlösungen
durch die Vereinten Nationen!
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